Zusätzliches Angebot
Bildung und Förderung
Kinder sind tätige Wesen, die sich aus eigenem Antrieb entwickeln und bilden. Die Kinder lernen voneinander, fördern sich gegenseitig und steigern ihre schöpferischen Fähigkeiten. Es ist uns ein Anliegen, Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam im Alltagsleben zu fördern. Kinder mit Behinderung fordern uns auf, geeignete assistierende Hilfen zu entwickeln, um ein Miteinander zu ermöglichen.
Waldorfpädagogik sieht für die frühkindliche Erziehung und den Bildungsauftrag des Kindergartens eine Erfahrungswelt der unmittelbaren, aktiven Teilnahme des Kindes durch Eintauchen in differenzierte Tätigkeiten, Körperwahrnehmung durch Bewegung und Sinneserfahrungen vor. Das Kind will seinem Bedürfnis nachgehen, sich zu beteiligen, Neues zu erfahren und Aufgaben zu bewältigen, an denen es wachsen und seine Impulse entfalten, Autonomie und Freiheit entwickeln kann. In diesem Zusammenhang kommt dem freien Spiel eine große Bedeutung zu, denn die unbewussten Bildungsprozesse werden zu bewussten Bildungsmöglichkeiten.
Die vertrauensvolle und verlässliche Bindung zwischen dem Kind und der*dem Erzieher*in bildet den Nährboden für seine gesunde Entwicklung und Exploration. Durch das Verhalten und die Tätigkeiten des Erwachsenen wird die Nachahmungsfähigkeit des Kindes bewusst angeregt und gepflegt. Nachahmung ist impliziertes Lernen. Durch Selbsterziehung und bewusste Reflexion können die Erziehenden dieser Vorbildaufgabe gerecht werden. Aus dieser Haltung heraus leben die Erzieher*innen ethische und soziale Werte vor. So kann sich ohne zu belehren der Sinn des Lebens dem Kind erschließen.
In allen Bildungsbereichen müssen sich die Bildungsmöglichkeiten an der individuellen Entwicklung des Kindes orientieren. Dazu gehört auch die Einbeziehung des häuslichen Umfelds und die Mitwirkung der Eltern.
Bildungsbereiche
Soziale, kulturelle und intellektuelle Bildung
Ohne Sozialkompetenz ist ein gemeinschaftliches Leben undenkbar. Doch soziales Miteinander will gelernt sein, dieser Prozess beginnt in der Familie und setzt sich im Kindergarten fort. So wirkt auch der Umgang, den wir im Kollegium miteinander pflegen. Er prägt das soziale Klima und spiegelt unsere Haltung wider.
In der Kindergartengruppe lernen die Kinder Regeln kennen, Rücksicht zu nehmen, den Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen. Gegenseitiges Helfen und Aufgaben übernehmen wie Spülen, Tischdecken, den jüngeren Kindern helfen, geben und nehmen lernen, Erleben der Mitarbeit und Mitverantwortung der Eltern im Kindergarten (z. B. bei Aktionstagen, beim Waschen der Wäsche o.ä.) lassen die Kinder das soziale Miteinander erleben.
Uns ist es wichtig, dass die Kinder positive Verhaltensweisen gegenüber Mitmenschen zeigen, sie tolerieren und achten. Wir ermutigen die Kinder und unterstützen sie altersgerecht dabei, Lösungen in Konfliktsituationen zu finden und später kleinere Konflikte sogar eigenständig verbal zu lösen. Jedes Kind soll in der Gruppe seinen Platz finden, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein entwickeln. Dazu gehören auch Gefühle wie Wut, Traurigkeit, Einsamkeit und Verletzlichkeit. Diese gilt es anzuerkennen und einen Umgang damit zu lernen.
Grundvoraussetzung für uns ist, jedes Kind in seiner Persönlichkeit ernst zu nehmen. Unser Anspruch ist es, dem Kind ein positives Vorbild zu sein.
Musikalisch-ästhetische Bildung
Wir bieten den Kindern einen Ort, an dem sie Gelegenheit haben ihre schöpferischen Kräfte zu entwickeln. Wir stellen verschiedene Materialien zur Verfügung, um kreative Prozesse anzustoßen: Bienenwachs zum Plastizieren, Papier, Buntstifte, Wachsstifte, Aquarellfarben, Wolle, Holz und Naturmaterialien. Den Kindern stehen ebenfalls unterschiedliche Instrumente zum Musizieren zur Verfügung: Zimbeln, Rührtrommeln, Triangeln, Klangspiele und Kinderharfen. Sie begleiten z. B. unseren Gesang, die Puppenspiele, welche wir den Kindern zeigen und können jederzeit ins freie Spiel der Kinder integriert werden.
Körper und Gesundheit
Für die Entfaltung jedes Kindes ist Gesundheit und Wohlbefinden eine wichtige Voraussetzung. In unserem Kindergarten wollen wir durch feste Bezugspersonen und einen liebevollen Umgang die nötige Nähe, Trost und Pflege bieten.
Ganz natürlich sollen sich die Kinder mit ihrem Körper auseinandersetzen. So können sie ein positives Grundgefühl zur Unterstützung der Gesundheit entwickeln. Wir vermitteln den Kindern Regeln der Hygiene, wie Hände waschen, Taschentücher benutzen, sich wettergerecht anzuziehen sowie Lebensmittelhygiene bei der Frühstückszubereitung. Wir möchten Gewohnheiten im Alltag anlegen, die zur Selbstverständlichkeit werden, so dass die Kinder selbstverantwortlich in Bezug auf Körper und Gesundheit handeln lernen.
Besonders großen Wert legen wir auf gesunde Ernährung, viel Bewegung und frische Luft. Sie dienen der Gesundheit und fördern das Wohlbefinden und ein gutes Körpergefühl. Über Bewegung können die Kinder ihren Körper kennenlernen, ihre Kräfte erproben und ihre Grenzen erkennen. Eine Vernachlässigung der Bewegungserziehung führt zu motorischen Defiziten und kann nachhaltige Folgen für die gesamte Entwicklung des Kindes haben.
In unserem Garten und auf dem Spielplatz bieten wir den Kindern ein vielfältiges Erfahrungsfeld: Grob- und Feinmotorik entwickeln sich z.B. beim Laufen, Klettern, Seilchenspringen, Stelzenlaufen, Balancieren, springen, Ballspielen, beim Reigen, bei Fingerspielen, im Spiel und der Mitarbeit in Haus und Garten. Wir haben große Sandkästen zur Verfügung, in denen mit Wasser, Sand, verschiedensten „Baumaterialien“ wie Hölzern, Steinen und Muscheln gebaut werden kann.
Unser Ziel ist, dass die Kinder eine gute motorische Koordination und Bewegungskontrolle entwickeln, Spaß an Bewegung haben, und auch Raum bekommen, den natürlichen Drang nach Toben und Rennen auszuleben.
Naturwissenschaftlich-technische Bildung
Die Umgebung der Kinder bietet zahlreiche Möglichkeiten die Natur, Flora und Fauna, zu entdecken.
Die Umwelt erkunden: wir machen Spaziergänge durch Wald, Felder, Wiesen und besuchen oft die Tiere auf dem nahegelegenen Bauernhof.
Dabei wollen wir die Natur mit allen Sinnen erfahren:
- Riechen – der besondere Geruch im Kuhstall
- Schmecken – das reife Obst
- Tasten – das weiche Moos, die schmeichelnde Kastanie
- Fühlen – sich rollen im kalten Schnee, wälzen in Blätterhaufen
- Sehen – Spielzeug, Raumgestaltung und Inneneinrichtung in ruhigen, klaren Farben, Natureindrücke für differenziertes Sehen
- Hören – Naturklänge, Musikinstrumente, die Singstimme, das gesprochene Wort
Gerne helfen wir bei der Ernte in der Gärtnerei und beobachten wie die Gemüsearten gepflanzt werden und wachsen. Im Frühling ziehen wir selbst Gemüse und Blumen in kleinen Töpfen. Wir pflegen die Pflanzen und sehen ihnen beim Gedeihen zu.
Unser Ziel ist es Wissen durch Erfahrung zu vermitteln, aber insbesondere auch die Natur in vielen kleinen alltäglichen Situationen wahrzunehmen und Achtung vor der Schöpfung zu haben.
Kinder haben den natürlichen Drang sich mit Zahlen, Formen und Gesetzmäßigkeiten auseinanderzusetzen Mathematische Bildung findet bei uns in den alltäglichen Abläufen statt. Die Kinder können Größen- und Mengenverhältnisse entwickeln und anwenden z. B. beim Sortieren im Kaufladen, Sortieren von Perlen, Bauklötzen, Farbstiften oder beim Abwiegen von Zutaten, wenn wir kochen und backen oder beim Abzählen des Geschirrs, wenn wir Tisch decken, Stühle stellen, beim Verteilen von Nüssen und Rosinen (jedes Kind bekommt z. B. 3, 4, 5 oder mehr Rosinen bzw. Nüsse). Durch musikalische Erziehung (denn Musik hat viel mit Zahlenverhältnissen zu tun) ermöglichen wir das Erleben eines musikalisch, mathematischen Raumes.
Naturwissenschaftliche Erfahrungen ermöglichen wir spielend z. B. beim Bauen an der Werkbank und dem damit verbundenen Kennenlernen von Längenverhältnissen, Winkeln, Hebelwirkung und Schwerkraft, beim Bauen von „Buden“ und mit den unterschiedlichsten Konstruktionsmaterialien, so können die Kinder Statik und physikalische Gesetzmäßigkeiten erleben.
So bekommen die Begriffe Raum und Zeit bekommen einen Inhalt. Es ist uns ein Anliegen diese Bereiche nicht durch Einüben und Regeln zu vermitteln, sondern Raum und Zeit im Alltag zu bieten, um die Welt der Zahl zu erleben und im wahrsten Sinne des Wortes zu „erfassen“.
Ökologische Bildung
Die Kinder haben einen natürlichen Zugang zur Umwelt. Sie staunen über die Vielzahl der Pflanzen und Tiere. Darum gilt es die natürliche Freude und Neugier der Kinder zu unterstützen und zu fördern, aber auch den Wert der Schöpfung zu zeigen, um sie zu verantwortungsvollen Menschen gegenüber der Natur und Umwelt zu erziehen. So arbeiten wir mit den Kindern zusammen im Garten, gehen sorgsam mit unseren Lebensmitteln um, verhalten uns rücksichtsvoll der Flora und Fauna gegenüber auf unseren Spaziergängen. Die Kinder erleben im Alltag z. B. das Sammeln und Verarbeiten von Äpfeln der Umgebung, Verarbeiten der eigenen Gartenkräuter, Herstellung von Spielzeug aus Naturmaterialien, Reparieren und Ausbessern statt wegzuwerfen. So lernen sie ressourcenschonendes, nachhaltiges Handeln kennen.
Religiöse und ethische Bildung
Unser Kindergarten lebt nach dem christlichen Glauben. Wir vermitteln und leben – so gut es uns gelingt – die christlichen Werte in unserem Alltag mit den Kindern, Eltern, im Kollegium und unserem Umfeld. Wir bemühen uns um einen wertschätzenden Umgang untereinander, in dem Dankbarkeit, Hilfsbereitschaft und die Achtung des Anderen wesentliche Aspekte sind. Das intensive Vorbereiten und Feiern der christlichen Jahresfeste führt uns durch das Jahr.
Drei Feste seien hier beispielhaft genannt:
- Ernte-Dank: Ehrfurcht und Dankbarkeit der Natur gegenüber
- St. Martin: Sinnbild des Teilens, Opferbereitschaft, Güte, Demut
- Ostern: Die Auferstehung des Lebens
Dankesgebete zu den Mahlzeiten und im Morgen- und Abschlusskreis sind Momente der Andacht und des Hinwendens zur göttlichen Welt. Sinnstiftende und orientierungsgebende Geschichten ermöglichen den Kindern in das Gefühl einer wertschätzenden Grundhaltung einzutauchen.
Aus der ethischen Bildung folgt, dass jeder Mensch in allen Lebensphasen, mit seinen Begabungen, Fähigkeiten und Bedürfnissen akzeptiert und toleriert wird.
Bei uns sind alle Familien, unabhängig ihrer religiösen Ansichten oder konfessionellen Zugehörigkeit, willkommen! Die christlichen Werte finden wir auch in allen anderen Weltreligionen und ethischen Richtungen wieder, somit ist der Waldorfkindergarten ein Ort für alle Menschen.
Alltagsintegrierte Sprachbildung und -förderung
„Sprachbildung umfasst alle Sprachbereiche: Artikulation und Lautwahrnehmung (Phonetik und Phonologie), Wortschatz und Wortbedeutung (Lexikon und Semantik), Sprachmelodie (Prosodie), grammatikalische Regelbildung und Satzbau (Morphologie und Syntax) und sprachliches Handeln (Pragmatik)“ (KiTa.NRW, Alltagsintegrierte Sprachbildung und Beobachtung im Elementarbereich, S. 7.) Das Sprechen ist Grundlage menschlicher Kommunikation und ist nachhaltig nur durch das menschliche Vorbild und die lebendige Interaktion von Mensch zu Mensch erlernbar. Voraussetzung für eine gute Sprachbildung ist ein wirkliches Interesse am einzelnen Kind, um so eine gute Beziehung aufzubauen und eine liebevolle Atmosphäre zu schaffen, in der auch die Seele des Kindes wachsen kann.
Die alltagsintegrierte Sprachbildung und Förderung findet sowohl bei Dialogen mit einzelnen Kindern (Beziehungsgestaltung), als auch in Gesprächen der Kinder untereinander statt. Sie findet sich wieder in Pflegesituationen, bei den gemeinsamen Mahlzeiten, beim gemeinsamen Tun und den vorbildlich wirkenden Gesprächen mit Eltern und Kolleg*innen, wie auch bei der Pflege des Zuhörens und Lauschens.
Sprache ist nicht losgelöst vom pädagogischen Alltag, so dass alle Bildungsbereiche in der alltagsintegrierten Sprachbildung Berücksichtigung finden. Die Erzieher*innen gestalten durch ihr pädagogisches Repertoire eine sprachanregende Umgebung und haben ein Bewusstsein von der Sprachbildung des Kindes. Sie arbeiten bewusst an der eigenen Sprache und achten auf Aussprache, Akzentuierung, Sprachfluss, Wortschatz und Wortwahl. Dabei bemühen wir uns um eine altersgemäße, bildhafte Ansprache der Kinder. Die künstlerische Sprachgestaltung finden wir in der Eurythmie wieder, die die Kinder in ihrer Sprachentwicklung ebenfalls unterstützt.
Sprachbildung hat ihren festen Platz im Morgen- und Abschlusskreis, im Reigen, beim Puppenspiel, bei frei erzählten Geschichten und Märchen, Tischgesprächen und beim Vorlesen von Bilderbüchern. Neben Reimen, Versen und Liedern haben vor allem die Finger- und Handgestenspiele eine große Bedeutung für die Sprachbildung der Kinder.
Bildungsdokumentation
Ein ganzheitlicher Blick auf jedes Kind liegt uns sehr am Herzen.
In der täglichen pädagogischen Arbeit nehmen wir die Kinder umfassend in ihren Äußerungen in Spiel, Bewegung, Gestik, Mimik und Sprache wahr. So bekommen wir einen Eindruck davon, welche Vorlieben die Kinder haben, was sie beschäftigt, was sie gerne spielen und wo ihre Stärken bzw. Schwächen liegen. Durch Beobachtung und Wahrnehmung können wir uns Stück für Stück der Individualität jedes einzelnen Kindes annähern.
Für eine gezielte Wahrnehmung der ganzheitlichen Entwicklungsprozesse und zur Reflexion kindlicher (Selbst-) Bildungsprozesse nutzen wir zusätzlich zu unserer täglichen Beobachtung das „Trialog“-Verfahren. Es handelt sich um ein waldorfspezifisches Verfahren für die alltagsintegrierte Bildungsdokumentation für Kinder von 1 - 6 Jahren und dient der Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von Entwicklungsgesprächen. Es erfüllt die Anforderungen im Sinne des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) für den elementaren Bildungsbereich. Bei diesem Verfahren stehen insbesondere die Sinnes- und Wahrnehmungs-entwicklung des Kindes im Vordergrund.
Im Bereich Sprache arbeiten wir mit dem Beobachtungsbogen „BaSik“ (Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen). In regelmäßigen Abständen erfolgt mit Hilfe des Beobachtungsbogens eine Überprüfung der Sprachkompetenzen des Kindes.
Wie das Trialog-Verfahren, stellt auch der BaSik-Bogen eine Grundlage für das gemeinsame Entwicklungsgespräch mit den Eltern dar. Der BaSik-Bogen erfüllt ebenfalls die Anforderungen des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz). Beide Beobachtungsverfahren verlaufen alltagsintegriert, so dass die Kinder keinen Prüfungs- oder Testsituationen ausgesetzt sind.
Wir führen mit Beginn des Aufnahmegespräches eine Dokumentation über die Entwicklungsschritte des Kindes durch. Diese Dokumentation setzt sich aus freien und täglichen Beobachtungen sowie aus strukturierten Dokumentationen und Auswertungen des Trialog- und BaSik-Verfahrens zusammen.
Die Eltern können die Ergebnisse der Dokumentationen auf Wunsch einsehen. Endet der Betreuungsvertrag in der Einrichtung, werden die gesammelten Dokumente den Eltern ausgehändigt.
Unsere Bildungsdokumentation umfasst im Wesentlichen folgende Bereiche:
- Vitalität/Gesundheit
- Sinnesentwicklung
- Sprache
- Sozialverhalten
- Spielverhalten
- Grob- und Feinmotorik
- kognitive Entwicklung
- emotionale Entwicklung
- Ausdauer und Konzentration
- Eingewöhnung/Übergänge
Das Ziel unserer Bildungsdokumentation ist es, das Kind als individuelles Wesen charakterisieren zu können und seine Sinnes- und Wahrnehmungsentwicklung differenziert beschreiben zu können. Dieses bildet die Grundlage für eine individuelle, stärkenorientierte und ganzheitliche Förderung des Kindes.